Aktionsbündnis
KINDESWOHL IN SCHLESWIG-HOLSTEIN
Adelby 1. Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein. Caritas im Norden. Diakonie Nord Nord Ost. Diakonisches Werk Husum. Diakonisches Werk Schleswig-Holstein. Elisabethheim Havetoft. Freie Jugendhilfe. Internationaler Bund. Kinder- und Jugendhaus St. Josef. Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein. Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie. Paritätischer Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein. Sozialdienst katholischer Frauen. Kinder- und Jugendhilfeverbund Lübeck. Kinder- und Jugendhilfeverbund Ostholstein Plön.
Das war der Bündnis-Tag
Kindeswohl in Schleswig-Holstein
am 1. Juni 2024 in Kiel
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Das Aktionsbündnis Kindeswohl in Schleswig-Holstein hat sich im November 2023 gegründet, um auf den Notstand in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein hinzuweisen. Die 16 Mitglieder setzen sich seitdem für Verbesserungen ein. Auf dem „Bündnis-Tag Kindeswohl in Schleswig-Holstein“ kamen am 1. Juni 2024 auf Einladung des Aktionsbündnisses beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V. über 70 Expertinnen und Experten zusammen, um über die Lage in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein zu diskutieren.
Der Bündnis-Tag begann mit einem aktuellen Bericht zur Umsetzung der Kampagne. Die Sprecher des Aktionsbündnisses Lutz Regenberg, Diakonie Nord Nord Ost, und Hasko Facklam, Kinder- und Jugendhilfeverbund Nord Ost berichteten über die „Roadshow“, die Präsentationen in den Jugendhilfeausschüssen und anderen Gremien, wo bislang rund 400 politisch verantwortliche Personen erreicht werden konnten. Landesweite Sichtbarkeit in den Medien gab es durch Teilnahme in der Landespressekonferenz im Landeshaus in Kiel.
Anschließend diskutierten die Teilnahmenden des Bündnistages die Topthemen der stationären Kinder– und Jugendhilfe in den Workshops „7.0 – Mindestpersonalausstattung“, „Fachkräfte – Qualität und Qualifizierung“, „Wirtschaftlichkeit und Auslastungsquote“.
Am Nachmittag wurden die Workshop-Ergebnisse zusammenfassend präsentiert und im Rahmen im Podium „Kindeswohl in Schleswig-Holstein“ diskutiert. Auf dem Panel waren dabei:
Denise Loop, Grüne, Mitglied des Deutschen Bundestags
Sophia Schiebe, SPD, Mitglied des Landtags Schleswig-Holstein
Katrin Samulowitz, IBAF Heimerziehung, Jugendhilfeausschuss Kreis Nordfriesland
Svea Wanger, SSW, Jugendhilfeausschuss Flensburg
Lutz Regenberg, Geschäftsbereichsleiter Diakonie Nord Nord Ost, Sprecher Aktionsbündnis Kindeswohl Schleswig-Holstein
Außerdem berichtete Care Leaverin und Buchautorin Valeria Anselm aus Stuttgart über ihre Erfahrung in der stationären Betreuung in Video-Statements.
Die Moderation übernahm Thomas Waldner, twkom.
Am Ende priorisierten die Teilnehmenden des Bündnis-Tages folgen Kernbotschaften:
1. Doppeldienste müssen Standards sein.
2. Jugendhilfe muss am pädagogischen Bedarf der Kinder ausgerichtet sein.
3. Die gesteigerten Anforderungen an Betreuung & Qualität müssen refinanziert werden.
4. Das Arbeitszeitnetto muss realistisch berechnet werden.
5. Trägerrisiken sind vielschichtig und müssen voll finanziert werden.
6. Die Qualifikation von Fachkräften muss stärker auf stationäre Jugendhilfe fokussiert werden.
7. Auslastungsquote darf nicht zu Aufnahme unter wirtschaftlichem Druck führen.
8. Qualifikation braucht monetäre Anerkennung.
Sehen Sie hier die Podiumsdiskussion in voller Länge.
„7.0 – Mindestpersonalausstattung“ ab Start.__
„Fachkräfte – Qualität und Qualifizierung“ ab Minute 34:40 __
„Wirtschaftlichkeit und Auslastungsquote“ ab Minute 1:01:00___
Wir bedauern die unzureichende technische Qualität des Streams. Unsere Produktionsmöglichkeiten vor Ort waren leider sehr beschränkt.
Dokumentation des Bündnis-Tages vom 01.06.24 in Kiel
Unseren Dank an Adelby 1 Kinder- und Jugenddienste gGmbH für die Erstellung des Videos.
Kindeswohl in Gefahr
Die Lage der Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein ist prekär
Die Betreuungslage von hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen in den stationären Einrichtungen in Schleswig-Holstein ist schlecht.
Die Standards der Versorgung sind 40 Jahre alt. Die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen hat sich über die Jahrzehnte allerdings dramatisch verändert.
Fakten zur stationären Kinder- und Jugendhilfe
Zahl der Kindeswohlgefährdungen haben neuen Höchststand erreicht.
Eine Fachkraft betreut bis zu 10 Kinder und Jugendliche stationär. Zuwachs der Inobhutnahmen 40 Prozent mehr als im Vorjahr.
Jugendämtern fällt es immer schwerer, Kinder- und Jugendliche stationär zu versorgen.
Fehlende Zuwendung kann zu Depressionen und Angststörungen führen. Belastete Kindheit hat Auswirkung auf Sucht, Suizid und Gewalt.
Gewalt, Hass und Mobbing erreichen über digitale Kanäle junge Menschen unmittelbar.
Die Arbeit in der stationären Betreuung ist wenig attraktiv. Ein Beispiel: Nachtbereitschaften werden nur zu 25 Prozent vergütet.
weitere Hintergründe als Download
DIE KONSEQUENZEN
Die Rahmenbedingungen für eine gute Qualität in der stationären Kinder- und Jugendhilfe sind schlecht.
Das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen KJSG bringt eine Verbesserung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Es sichert den Anspruch auf Partizipation und Selbstvertretung. Damit wird aber auch der pädagogische Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe erweitert.
Der Fachkräftemangel zeigt sich überall und im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ganz besonders. Die pädagogischen Bedarfe wachsen an vielen Stellen auf dem Arbeitsmarkt. In den Schulen und Kitas, in weiten Teilen gesellschaftlicher Einrichtungen und sogar bei den wirtschaftlichen Betrieben.
Die derzeitige Lage in der stationären Kinder- und Jugendhilfe ist prekär: Eine Fachkraft betreut zeitgleich 10 Kinder und Jugendliche. Unter diesen Bedingungen kann nur die Grundversorgung in Form der Beaufsichtigung sichergestellt werden. Schon die Begleitung zu einem Arzttermin stellt die Beaufsichtigung von anderen Kindern vor große Probleme. Der Bildungsauftrag, Jugendliche als selbstbestimmte Personen zu befähigen, ist nicht zu erfüllen. Die adäquate Betreuung der jungen Menschen kann nicht oder nur in einem unzufriedenstellenden Maße sichergestellt werden.
Die vorgegebene Anzahl an Leitungs- und Verwaltungskräften ist nicht ausreichend. Daher ist die Umsetzung der pädagogischen Konzepte, die sachgerechte Organisation des laufenden Betriebes, die Personalplanung und -gewinnung nicht mehr möglich. Die Leistungsfähigkeit, gar die Gesundheit der Mitarbeitenden sind gefährdet.
Diese Faktoren führen dazu, dass sich die Fachkräfte in der stationären Kinder- und Jugendhilfe unwirksam fühlen. Die Belastungen führen zu Gesundheitsgefährdungen führen. Deshalb entscheiden sich viele Mitarbeitende für andere Arbeitsfelder.
Das System der stationären Kinder- und Jugendhilfe ist in Gänze in Gefahr.
Der Kinderschutz ist nicht nur eine moralische Verantwortung, sondern eine gesetzliche Pflicht. Kinder, die nicht individuell unterstützt werden können, erfahren keine Chancengleichheit!
Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe gehört zur systemrelevanten Infrastruktur. Die Unterstützung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen braucht deshalb eine besondere Aufmerksamkeit.
Aktionsbündnis Kindeswohl. Wir machen uns stark.
Es geht um das Wohl von jungen hilfsbedürftigen Menschen. Es geht um unsere Zukunft. Wir wollen die Kinder- und Jugendhilfe Schleswig-Holstein systematisch stärken. Das ist unser nachhaltiger Ansatz.
Wir sind das Aktionsbündnis Kindeswohl.
Ein breites Bündnis von Träger*innen der Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein hat sich gebildet.
- Adelby 1
- Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein
- Caritas im Norden
- Diakonie Nord Nord Ost
- Diakonisches Werk Husum
- Diakonie Schleswig-Holstein
- Elisabethheim Havetoft
- Freie Jugendhilfe
- Internationaler Bund
- Kinderhaus Högersdorf
- Kinder- und Jugendhaus St. Josef
- Kinder- und Jugendhilfeverbund Lübeck
- Kinder- und Jugendhilfeverbund Ostholstein-Plön
- Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein
- Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie
- Paritätischer Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein
- Sozialdienst katholischer Frauen
Wir, das landesweite Aktionsbündnis Kindeswohl, haben uns im Sommer 2023 zusammengeschlossen, weil die Lage in der Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein nicht mehr zu verantworten ist. Wir werden alle verantwortlichen Stellen in den Städten, Kommunen und im Land anspreche, auf die Missstände hinweisen und nachhaltig für Verbesserungen werben.
Wir wollen im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein eine Verbesserung der Lage in den stationären Einrichtungen bewirken.
“Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe verschwindet, wenn der Rahmen sich nicht ändert.“
„Bessere Kinder-Betreuung heißt zuallererst mehr Erzieher*innen.“
„Jugendhilfe ist Überzeugungsarbeit und kein Sparmodell.“
„Kinder- und Jugendhilfe muss immer auch Demokratie- und Lebensbildung sein statt reiner Aufbewahrung.“
“Eine Erzieher*in begleitet zeitgleich zehn Kinder und Jugendliche in Not. Der Zustand ist untragbar für alle.“
“Kinder in Not brauchen mehr und nicht weniger Unterstützung.“
„Die stationäre Jugendhilfe muss für junge Menschen in einer Not ein sicherer Ort für eine positive persönliche Entwicklung bleiben.“
„Die Situation in der stationären Kinder-und Jugendhilfe ist für die Kinder, die Jugendlichen und die Mitarbeitenden prekär.“
„Kinder und Jugendliche zu stärken und zu schützen, darf keine Frage des Geldes sein.“
„Die stationären Hilfen zur Erziehung orientieren sich immer an den Bedarfen der Kinder und Jugendlichen. Dies muss sich auch in den Standards widerspiegeln.“
„Zunehmende Aufgaben können bei gleichbleiben Ressourcen auf Dauer nicht geleistet werden. Der Kipppunkt ist erreicht. Die Ressourcen müssen sich jetzt erhöhen.“
Bessere Betreuung. Eine gute Kinder- und Jugendhilfe braucht
In Kernarbeitszeiten sind zwei Mitarbeitende pro Wohngruppe erforderlich.
Jede Einrichtung verfügt über mindestens 7 Fach- und Betreuungskräfte (Vollzeitäquivalente).
10 Prozent mehr für ein angemessenes Gehalt der Tag und Nacht arbeitenden Fach- und Betreuungskräfte.
Verbindliche Festlegung der Auslastungsquote bei 90 Prozent, um Betriebsrisiken zu minimieren.
Die dargestellten Maßnahmen verbessern die Situation in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Schleswig-Holstein substanziell.
5 Ziele kennzeichnen eine erfolgreiche Umsetzung:
1.
Eine Mindestpersonalausstattung und Auslastungsquote in Schleswig-Holstein sind verbindlich festgeschrieben.
2.
Voraussetzungen für eine höhere Eingruppierung für Mitarbeitende in der stationären Jugendhilfe sind geschaffen.
3.
In jeder Einrichtung ist eine Kraft außerhalb des Schichtdienstes für Organisation und Leitung eingesetzt.
4.
Hauswirtschaftskräfte sind in der Personalausstattung in einem Umfang berücksichtigt, dass ein kalendertäglicher Einsatz möglich ist.
5.
Die Kinder- und Jugendhilfe ist Teil der systemrelevanten Infrastruktur und ausreichend finanziert. Für Stellen der Inobhutnahme und die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter ist eine belegungsunabhängige Finanzierung vereinbart.
Lutz Regenberg, Diakonie Nord-Nord-Ost
Hasko Facklam, Kinder- und Jugendhilfeverbund, KJHV
Projektbüro c/o twkom
Willy-Brandt-Allee 31 A
23554 Lübeck
Telefon: 0451-160 88 72 2
Mail: kontakt@kindeswohl-sh.de
Web: www.kindeswohl-sh.de
AKTIONSBÜNDNIS KINDESWOHL IN SCHLESWIG-HOLSTEIN
Projektbüro c/o twkom
Willy-Brandt-Allee 31 A
23554 Lübeck
Telefon: 0451-160 88 72 2
Mail: kontakt@kindeswohl-sh.de
Sprecher:
Lutz Regenberg, Diakonie Nord-Nord-Ost
Hasko Facklam, Kinder- und Jugendhilfeverbund, KJSH Stiftung
Inhaltlich verantwortlich gem. § 18 Abs. 2 MStV.: Lutz Regenberg (V. i. S. d. P.)
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